The Secret of Monkey Island - Melee Island

Monkey Island wird 25 Jahre alt

Mein Name ist Marcel Durer und ich will Pirat werden“ – unser Autor gratuliert einem wahren Spieleklassiker zum Geburtstag.

Eine dunkelblaue Nacht. Tief in der Karibik. Unter einem sternenklaren Nachthimmel ragt eine Insel mit steilen Klippen aus dem Meer hervor. Auf dem Gipfel des scheinbar höchsten Berges brennt ein kleines, warmes Feuer. Spärliche Wolken ziehen im Hintergrund vorbei. Doch um die geht es hier nicht. Es geht hier um dieses Lagerfeuer. Von diesem abgewandt steht ein Mann mit Brille und grauen Haaren. Er starrt unbesorgt auf das Meer. Doch seine Ruhe wird auf einmal von einem naiven, blonden Knaben gestört, der ihn mit den Worten „Hallo! Mein Name ist Guybrush Threepwood und ich will Pirat werden!“ erschrickt. „Huch! Schleich dich nicht so an mich ran!“ erwidert der alte Mann. Und so fing eines der größten Abenteuer meiner Kindheit an.

Ich war ungefähr in der fünften Klasse als ich zusammen mit meinem besten Kumpel Tomas The Secret of Monkey Island zum ersten Mal spielte. Das Adventure Game aus der Spieleschmiede von Lucasfilm Games bzw. Lucas Arts, hat sich durch seine Atmosphäre, seinen Witz und seinen Charme in unsere Herzen eingebrannt. Tomas wohnt inzwischen in Berlin und hat seinen Doktor der Medizin. Ich dagegen bin immer noch im Schwabenländle, zeichne Comics, designe Spiele und schreibe unter anderem für Zebrabutter. Doch wir versuchen uns wenigstens einmal pro Jahr zu treffen. Jedes mal kommen wir irgendwie auf die „Spiele von früher“ zu sprechen. Bis heute ist da dieses Leuchten in seinen Augen, wenn ich The Secret of Monkey Island (von nun an kurz: Monkey Island) erwähne. Worum es inhaltlich bei Monkey Island geht, fasst dieser kurze Clip von Marius Winter innerhalb von ca. 4 Minuten ganz gut zusammen.

An Adventure Game that doesn’t suck!

Monkey Island erschien 1990 und war das Baby von Ron Gilbert, der schon damals ein Veteran der Spielebranche war. Er war mitverantwortlich für die SCUMM-Engine, mit der so ziemlich jedes Adventure Game für Lucas Arts seit dem C64 Klassiker Maniac Mansion realisiert wurden. Ron Gilbert ist auch der Verfasser von Why Adventure Games Suck, einer treffenden Analyse des Spielgenres vor Monkey Island. Wahrscheinlich war Monkey Island deswegen auch so ein Erfolg, da er hier ein Versuchsobjekt für seine Theorien hatte. Ein Beispiel: in früheren Adventure Games konnten die Spielercharaktere sterben, was dazu führte, dass Spieler frustriert und gelangweilt ganze Sequenzen wieder und wieder spielen mussten, um wieder an die gleiche Stelle zu gelangen. Ron Gilbert hatte mit Tim Schafer und Dave Grossman die passende Hilfe. Ohne den Witz der beiden wären die Rätsel nicht so witzig und die Dialoge nicht so bissig geworden. Seien wir mal ehrlich: nicht jedes Rätsel hat auf den ersten Blick wirklich Sinn ergeben. Aber wenn man durch die richtige Kombination aus Befehlen und Gegenständen dann doch die richtige Lösung hatte, war die Rumraterei verziehen und man freute sich über den in ihr präsentierten Humor und die Absurdität der Situation. Auch das Beleidigungsfechten („Du kämpfst wie ein dummer Bauer!“ „Wie passend, du kämpfst wie eine Kuh!“) hat Spieler weltweit mehr geprägt als irgendwelche heftigen Actionsequenzen.
Natürlich wurde Monkey Island ein Hit. Das Spiel wurde schließlich für alle zu der Zeit relevanten Betriebssysteme veröffentlicht. Obwohl die anfänglichen Verkaufszahlen noch hinter den anderen Titeln aus dem Hause Lucas Arts stand, sah der Publisher in dieser Piraten-Franchise so großes Potential, dass er sofort grünes Licht für einen Nachfolger gab. Monkey Island 2: LeChuck’s Revenge kam nur ein Jahr später heraus. Dieser Teil hörte mit einem riesigen Cliffhanger auf, doch weil Ron Gilbert die Truppe verließ wurde diese Story nie zu Ende geführt…

Irrfahrt um Mêlée Island

Auf Monkey Island 2: Le Chuck’sRevenge folgte mit The Curse of Monkey Island 1997 der dritte Teil – ohne jedoch Ron Gilberts Handlungsbogen aus LeChuck’s Revenge fortzusetzen. Während die ersten drei Teile der Serie noch sehr erfolgreich waren, so ging es mit dem vierten Teil, Escape from Monkey Island bergab. Adventure Games allgemein hatten 2000, im Jahr der Veröffentlichung, keinen guten Stand. Zu groß war die Konkurrenz von RPGs und FPS. Die fortschreitende Polygon-Technik ließ die Pixelgrafik alter Klassiker… nun ja, alt aussehen. Doch gerade der Versuch, das Genre der Adventure Games mit 3D Grafik auszustatten, war zumindest für die Jahre um die Jahrtausendwende zum Scheitern verurteilt. Ausnahmslos alle Titel sahen – im Vergleich zu Spielen wie Tomb Raider und GTA – eher wie gewollt-und-nicht-gekonnt aus. Das einzige Adventure aus dieser Zeit mit Relevanz war Grim Fandago. Doch das Spiel um das Totenreich war auch nur das letzte Licht vor einem dunklen Zeitalter für Adventure Games. Um Guybrush Threepwood wurde es ruhig…

2009 wurden auf der E3 von Telltale Games zwei Projekte verkündet: einmal ein Remake des Klassikers The Secret of Monkey Island und zum anderen eine episodische Fortsetzung unter dem Namen Tales of Monkey Island. Telltale Games, die heute wahrscheinlich am besten für ihre preisgekrönte Reihe The Walking Dead bekannt sind, war die neue Heimat vieler Lucas Arts Veteranen – unter anderem Dave Grossman. Beraten wurden sie dabei von Ron Gilbert höchstpersönlich.
Telltale Games konnte dies nur dank einer Kooperation mit Lucas Arts machen, die bei Disney ein neues zu Hause gefunden hat. Inzwischen hat diese Schmiede jedoch ihre Pforten für immer geschlossen und Disney sitzt nun auf den Rechten. Ron Gilbert würde der Monkey-Island-Saga um einen weiteren Titel bereichern, wenn Disney ihn lässt. Wer weiß, vielleicht bekommen wir nach 25 Jahren doch noch das Ende der großen Story, die Ron Gilbert in Teil 1 und 2 angefangen hat.

25 Jahre dreiköpfiger Affe, feine Lederjacken und Point & Click

Monkey Island hat eine ganze Generation von Game Designern inspiriert, denen mehr daran lag, interaktive Geschichten zu erzählen als Vorlagen für Button-Smashing zu liefern. Natürlich gab es viele andere Titel, die genau so prägend waren, genau so viel Witz und Charme hatten und ebenso legendär sind. Day Of The Tentacle, Simon The Sorcerer, Sam & Max, Indiana Jones – um nur ein paar zu nennen. Ich liebe sie alle, und es fällt mir schwer zu sagen, welches ich besser und welches ich schlechter finde. Doch wenn Superman die Ikone der westlichen Comichelden ist, dann ist es Monkey Island für die berüchtigten „Point & Click“ Adventures.
Alles Gute zum 25. Geburtstag, Monkey Island. Wir lieben dich – wahrscheinlich weil wir auch gerne Piraten wären.
Gegen Weihnachten dürfte Tomas mal wieder in der Gegend sein. Ich freue mich schon darauf ihn mit den Worten „Hinter dir! Ein dreiköpfiger Affe!“ abzulenken.

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