Bob Dylan wird 75 – ein Geburtstagsinterview
Bob Dylan hat wird heute 75. Interviews mit ihm sind schwer zu bekommen. Wir haben trotzdem eines.
Der große Sänger und Songschreiber Bob Dylan wird heute 75. Und obwohl Termine mit dem Meister schwer zu bekommen sind, haben wir es geschafft, haben wir ein kleines Geburtstagsinterview.
Gibt es irgendetwas mit dem Sie gern verheiratet wären (und warum) ?
Ich hatte in meinem Leben viele Liebschaften. Frauen, Drogen, Motorräder oder Musik. Ich habe sie oft gewechselt. Kontinuitäten langweilen mich. Das ist es ja auch, was gute Kunst ausmacht: Man entdeckt stets etwas Neues. Ich beschäftige mich sehr intensiv mit meiner Umgebung. Das beginnt mit dem täglichen Lesen der Zeitung, setzt sich in Gesprächen mit befreundeten Künstlern fort und endet im Entdecken neuer Musik. Als Künstler muss man reizoffen bleiben. Die Ehe ist keine Lebensform, die Reizoffenheit erhält.
Es sei denn, man entwickelt sich gemeinsam weiter. Glauben Sie nicht daran, dass das geht?
Genau darin besteht der Fehler, den die meisten Leute begehen. Sie denken, dass die Entwicklung, die sie persönlich vollziehen der Partner oder das Fetischobjekt eben so vollzieht. Das ist falsch. Nehmen sie zum Beispiel die kleinen bunten Pillen, von denen ich in den 60ern bekanntlich ein großer Fan war. Wenn ich mir heute eine von denen gönnen würde, würde ich vermutlich eine ganze Woche nicht mehr schlafen! Jeder entwickelt sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit, in verschiedene Richtungen, macht mal hier, mal dort seine Erfahrungen. Menschen sind individuell. Eine Synchronisation zwischen zwei Menschen oder Gegenständen ist nur in einem begrenztem Zeitraum möglich.
Hatten Sie schon einmal das Bedürfnis treu zu sein?
Ja, meinem Schneider. Ich verrate Ihnen nicht wie er heißt, aber Friseuren und Schneidern sollte man niemals fremdgehen.
Da sind also die Grenzen Ihrer Reizoffenheit?
Wenn sie so wollen. Ich habe lange suchen müssen, um geeignetes Personal zu finden. Menschen, denen man vertraut und die kompetent sind. Ich habe auf diesem Terrain schon unzählige Erfahrungen – die meisten eben Enttäuschungen – sammeln müssen. Meinen Gärtner musste ich feuern, weil er hinter meinem Rücken auf meinem Grundstück Marihuana angebaut hat.
Halten Sie es für neurotisch, keine Wurzeln schlagen zu wollen?
Meine Wurzeln liegen in der Veränderung, im stetigen Weiterziehen und Neu-erkunden. Jeder schlägt irgendwann und irgendwo Wurzeln. Sehen sie: Das, was ich mache ist auf eine gewisse Weise sehr vorhersehbar. Zumindest für mich. Ich versuche die Musik zu machen, die man von mir nicht erwarten würde. Das ist das Spiel.
Es gab nie einen Moment, in dem Sie sich selbst überrascht haben?
Ich glaube nicht, dass das geht, dass man sich selbst überraschen kann. Selbst, wenn ich eine plötzliche Bewegung mache (zuckt mit dem linken Arm), dann muss ich vorher entschieden haben, diese Bewegung auszuführen. So ist das auch mit der Musik. Bevor zur elektrischen Gitarre greife, muss ich einen Song schreiben, der zur ihr passt. Wenn ich ein Swing-Album mache, muss ich die Songs vorher auswählen und proben. Man kann bestenfalls andere überraschen, aber nicht sich selbst.
Sind Swing Songs ein sicherer Hafen?
Nein. Zum Glück nicht. Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, müssen es keine verzerrten Gitarren mehr sein. Die letzte Platte mit den Sinatra Songs habe ich nur gemacht, um eine vernünftige Platte zu haben, die ich, wenn ich Gäste habe, zum Dinner spielen kann. Heutzutage eine Swingplatte zu machen ist der heftigste Schritt in Richtung Punk, den ich mir vorstellen kann. Die Leute denken, wenn sie das Wort Swing hören an diese ölige Fahrstuhlmusik, die vor den Beatles der Standard war. Mein musikalischer Rückblick auf diese Zeit wird mich wieder ein paar alte Fans gekostet und mir andererseits ein paar neue eingebracht haben. The times, they are a changin! Das braucht man niemandem mehr zu sagen, man muss es dem Publikum vorführen.
Wer ist die größere Legende, Sie oder die Liebe?
Das müssen sie die Liebe fragen!
Fühlt sich der Folk von Ihnen betrogen?
Mit Sicherheit, genau wie die Rock- oder die Gospelszene. Die meisten Menschen sehnen sich nach Sicherheiten, nach Kontinuitäten. Kontinuität hemmt aber jedes Vorankommen. Deshalb muss man manchmal damit leben ein paar Leute zu enttäuschen.
Vielleicht ein schlechter Zeitpunkt nach der Nummer Ihres Sohnes zu fragen.
Allerdings.1
- Natürlich haben wir Dylan nicht interviewt. Aber wir haben jemanden gefunden, der ihm ähnlich sieht. Der hat dann einfach so getan. ↩
Bildquellen
- Bob_Dylan_-_Azkena_Rock_Festival_2010_2: Alberto Cabello / CC BY-SA 2.0