The riot inside moves on: Zum Tod von Chris Cornell
Am gestrigen Mittwoch starb der US-amerikanische Sänger, Gitarrist und Songwriter, bekannt durch seine Bands Soundgarden und Audioslave, im Alter von 52 Jahren. Cornell schied freiwillig aus dem Leben.
Nachrufe auf gute Menschen sind so eine Art Texte, die man nur sehr ungern schreibt. Man kann sich immer einreden, man feiere das Leben und würdige die Taten des oder der Verstorbenen, letztlich aber wäre man glücklicher, würde es des Textes gar nicht bedürfen.
Und heute, beim Tod von Chris Cornell, ist das keine Ausnahme. Gestern Nacht noch saß ich mit Jan Fischer bei Bier, Dessertwein und selbstgedrehten Kippen in der ersten warmen Nacht des Jahres auf seinem Balkon. Wir sahen YouTube-Videos von akustischen Performances von Chris Cornell und übertrafen uns darin, seine Stimme und sein Songwriting zu lobpreisen. Seine „Reibeisenstimme“ (O-Ton Jan), die er absichtlich brechen lassen konnte, um eine Textzeile hervorzuheben. In Black Hole Sun, dem wahrscheinlich bekanntesten Song von Chris Cornells Band Soundgarden, gibt es so eine Stelle, im Refrain, wenn er die Frage „won’t you come?“ wiederholt.
Seine über vier Oktaven gehende, wandelbare Stimme aber war nur die eine Seite seiner musikalischen Überbegabung. Sein Songwriting verband Elemente aus Grunge, Metal und Rock, er konnte „wall of sound“-Gitarrenbretter genauso abliefern wie behutsame Balladen. Arbeitete er mit anderen großen Musikern zusammen, wirkte das wie ein Katalysator für Kreativität, wie etwa bei Audioslave, der Supergroup mit drei ehemaligen Mitgliedern von Rage Against The Machine, darunter Ausnahmegitarrist Tom Morello. So traurig das Ende von RATM damals auch war, so muss es als absoluter Glücksfall bezeichnet werden, dass gerade Cornell und Morello sich trafen und mit Audioslave drei großartig bis brillante Studioalben aufnahmen: Sie gehören zum besten, was Cornell (mit-)geschrieben und gesungen hat. Umso trauriger, dass er wegen „unüberwindbarer persönlicher Konflikte sowie musikalischer Differenzen“ Anfang 2007 ausstieg – was das Ende für Audioslave war.
Aber Cornell machte ja noch solo Musik: Er veröffentlichte vier Soloalben, von denen wohl nur sein Debüt Euphoria Morning (1999) und das letzte Album Higher Truth (2015) wirklich gute Kritiken bekamen. Sein drittes Album Scream, für das er mit Timbaland zusammenarbeitete und mit dem er sich vom klassischen Rocksound wegwagte, bekam fast ausschließlich negative Reviews.
Und es gab Soundgarden, die zusammen mit Nirvana nicht nur Grunge begründet hatten, sondern zusammen mit Kyuss auch noch für Stoner Rock verantwortlich sind. Nach der Auflösung von Soundgarden im Jahr 1997 kamen die Bandmitglieder 2010 für eine Reunion zusammen und nahmen 2012 noch ein gemeinsames Studioalbum auf, das überwiegend positive Kritiken bekam. Der Musikexpress etwa schrieb, sie klängen „als wären sie nie weg gewesen“. Chris Cornell mag nun für immer weg sein, seine Musik jedoch – über zwanzig Studio- und Live-Alben sowie Compilations mit verschiedenen Bands – wird bleiben. Und sie wird vor allem seiner unverkennbaren Stimme wegen weiterhin an lauen Balkon-Abenden zu Lobpreisungen und Glücksmomenten führen. Oder um es mit Chris Cornells eigenen Worten zu sagen: „The original fire has died and gone / But the riot inside moves on“
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