Limp Bizkit live: Zeitmaschine in die Hölle
Limp Bizkit spielen vor 4.500 Fans in der Swiss Life Hall. Unser Autor Martin Spieß war vor Ort. Und hat aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz überlebt. Eine Nachlese.
Irgendwann, im letzten Drittel des Konzerts, sagt Fred Durst, Sänger und Frontmann der 90er-Jahre-Crossoverband Limp Bizkit: „This is a time machine.“ Recht hat er. Der Abend ist eine Zeitreise. Aber keine gute. Eher eine, in der Dinosaurier einem den Kopf abbeißen, während sie einen vergewaltigen.
Vorband Dog Eat Dog sind da noch ein kleiner Lichtblick, auch wenn Sänger John Connor immer wieder betont, dass das hier ja eigentlich keine Tour sei, sondern eine Party. Und dass er dem Publikum in einer Tour erklärt, wer Dog Eat Dog sind, wird irgendwann penetrant. Man mag diese Tiefstapelei charmant finden, aber seien wir ehrlich: selbstverständlich kennen die Leute, die zu Limp Bizkit gehen, Dog Eat Dog, immerhin eine der wichtigsten Bands des Genres. Damals, in den 90ern.
Subversiv wird es heute nicht
Aber der Abend ist ja auch eine Zeitreise. Klar, dass das da eine Vorband spielt, deren Sänger John Connor heißt.
Klar auch, dass Fred Durst im Hawaiihemd und Hunter-S.-Thompson-Anglerhut über die Bühne latscht. Subversiver aber wird es heute auch nicht mehr.
Sieht man mal von der nur beschissen zu nennenden Akustik in der Swiss Life Hall ab, könnte das Publikum kaum begeisterter sein.
Es ist letztlich egal, dass Fred Durst sich seit ein paar Jahren von Vladimir Putin hofieren lässt, egal, was er für dämliche bis gefährliche Dinge über Russland und die Krim sagt. Es ist auch egal, dass seine Lyrics belanglos bis sexistisch sind und es schon damals waren. Die Leute kommen her, weil sie in einer komplexen Welt nach Orientierung suchen, weil sie in der Erinnerung an eine vermeintliche bessere, einfachere Zeit schwelgen wollen. Dass die Zeit damals weder besser noch einfacher war? Dass die Musik von Limp Bizkit schon damals nichts Besonderes war, und heute lediglich deprimierend ist? Geschenkt.
Alles für den Fick
Nichts spielt eine Rolle, nur dass alle (Männer) schwitzen, tanzen, rumspringen und mit nackten Oberkörpern pogen. Auch Frauen, die halbwegs so aussehen, als hätten sie den Feminismus der letzten zwanzig Jahre mitbekommen, grölen lautstark „I did it all for the nookie“ mit, was in etwa so viel heißt, wie es „alles für den Fick“ getan zu haben. Durst hält das Mikro übrigens während des ganzen Abends immer wieder wie einen Schwanz vor seinen Schritt oder streichelt einen imaginären Pimmel.
Bis dahin ist das Konzert ärgerlich, aber unerheblich. Wenn 4.500 Fans mit den Helden ihrer Jugend feiern wollen, so what?
Fickificki-Rumspringmusik
Limp Bizkit aber überspannen den Bogen, als sie Killing in the name covern. Sie waren zeitlebens eine unpolitische Band mit Fickificki-Rumspringmusik. Kein Diskurs, keine politische Agenda – ganz anders als Rage Against The Machine. Man möchte fast mit einer Machete auf die Bühne stürmen, um dann ins blutverschmierte Mikro zu brüllen, dass Killing in the Name nicht einfach nur irgendein Song ist, zu dem man betrunken in der Dorfdisko getanzt hat, ohne den Text zu kennen, geschweige denn ihn zu verstehen. Und dass es ganz sicher kein Song ist, den ein Mann singen sollte, der mit einem lupenreinen Diktator im Bett ist. Da macht es am Ende auch keinen Unterschied, dass Durst sich von Trump distanziert. Die Zeitmaschine hat einen da bereits in die Hölle geführt.
Bildquellen
- limpbizkit: Jan Fischer
- MG_3857-as-Smart-Object-1-copy: Paris Visonene / (c) Limp Bizkit