Am wärmenden Soulofen
Sebastian Madsen veröffentlicht heute mit Ein bisschen Seele sein erstes Soloalbum, eine Mischung aus Soul- und Blues-Rock Martin Spieß hat es gehört und sich gefragt: Ist der Rückzug in Zweisamkeit unausweichlich?
Wo ist die Lösung für all die Verzweiflung und Leere, die man dieser Tage verspürt? Sebastian Madsen, Frontmann und Songwriter der Rockband Madsen, hat (s)eine Antwort darauf: Ein bisschen Seele. So heißt sein erstes Soloalbum, das heute erscheint.
„Krieg, Sozialphobien, alte weiße Arschlöscher, Corona, Inflation … Ganz ehrlich: Ich wünsche mir gerade nichts sehnlicher als ein bisschen Seele für die ganze Welt“, sagt Madsen über den Titeltrack des Albums. „Wenn Putin sich mal ganz entspannt Curtis Mayfield anhören würde, vielleicht würde er dann auch weinen und sagen: Es tut mir alles so leid.“
Alternative Herangehensweise
Soulmusik hat Sebastian Madsens Herz, wie er sagt, schon oft wieder zusammengeflickt, und er glaubt, das Lied könne helfen. „Zumindest hoffe ich das!“
Man könnte jetzt die Frage stellen, ob es angesichts einer in Flammen stehenden Welt klug ist, sich in wohlig-weichen Soul-Blues-Sound zu fliehen. Aber erstens wäre das klassischer Whataboutism und zweitens würde man damit der Ernsthaftigkeit von Sebastian Madsen auch nicht gerecht. Zumal sein letztes Album Na gut, dann nicht, das er zusammen mit seiner Band Madsen aufgenommen hat, ein Punkalbum war, weit entfernt von Wohlfühlsound oder relaxten Refugien. Er hat seinen Soll an Protest erfüllt, könnte man denken. Warum also jetzt nicht einen alternative approach?
Rückzug in die Zweisamkeit
Und diesmal führt Sebastian Madsen die Suche eben nach innen. Wenn da draußen mit „Krieg, Sozialphobien, alte[n] weiße[n] Arschlöscher[n], Corona, Inflation“ alles vor die Hunde geht, bleibt nur der Rückzug in die Zweisamkeit – oder in Sehnsucht und Schmerz, wenn niemand da oder die Liebste gegangen ist. So heißen auch die Songs: Ich löse mich auf, Die Einsamkeit, Als bei uns Sommer war oder Gefühle für dich.
In Immer wenn die Nacht soll die Angebetete ihre Taschenlampe brennen lassen, damit er sie im Dunkeln findet, und die Liebenden umkreisen einander suchend wie Satelliten im All. Und in Baby, ich liebe dich singt Madsen: „In meiner Brust fühlt es sich an wie Kissenschlacht, fühlst du das auch?“ Das hat das Zeug zu überzuckertem Schlagerkitsch, aber wie durch Zauberhand wird es nicht dazu. Und mal ehrlich: Ist Soul ohne große Gefühle überhaupt Soul?
Und mit Kopfstimme, Chören, Hammondorgel, sahnigen Streichern, pumpenden Bläsern und halligem Klavier ist auch der Sound rund und großartig. Selbst wenn man wollte, ließe sich kein Haar in der Suppe finden, die Sebastian Madsen einem mit Ein bisschen Seele vorsetzt. Vielleicht sollte er Putin ein Exemplar schicken. Schaden kann es nicht, im Gegenteil.
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