Beautiful People Will Ruin Your Life: Wie ein Motor, dem der Sprit nicht ausgeht
The Wombats veröffentlichen heute ihr viertes Studioalbum mit dem Titel Beautiful People Will Ruin Your Life. Es ist erwartbar großartig, findet unser Autor Martin Spieß.
Hört man die Alben der britischen Indieband The Wombats, hält man es eigentlich nicht für möglich, dass der Sänger seit Jahren immer wieder unter depressiven Episoden leidet. Seit ihrem Debüt A Guide To Love, Loss & Desperation machen sie extrem tanzbaren Indierock mit klugen, poetischen und, ja, auch nachdenklichen Texten. Nie aber entsteht das Gefühl, als wolle sich da jemand die finale Wanne einlassen.
Klar hat Sänger und Texter Matthew Murphy auch schon von seiner Depression gesungen, etwa auf dem zweiten Album This Modern Glitch (2011), im Song Anti-D, in dem er von seiner Abhängigkeit von Antidepressiva singt. Heute nun erscheint das vierte Album Beautiful People Will Ruin Your Life. Murphy ist frisch verheiratet, lebt in LA und sagt:
„Ich fühle mich definitiv besser dort, aber ich habe immer noch dieselben Scheißprobleme mit Angstzuständen und Depressionen. Mein Leben ist in vieler Hinsicht beschissen, aber es gibt einen Teil von mir, dem es Spaß macht.“
Wo geht’s zum Dancefloor?
Bei aller mitunter textlichen Elegie, die es auch auf Beautiful People Will Ruin Your Life gibt, ist auch hier die Musik stets wie ein Wegweiser zurück auf den Dancefloor. Ob in der ersten Single Lemon to a Knife Fight, das von Murphys anstrengender Beziehung handelt, dabei aber mit lockerem Beat aufwartet, oder in Lethal Combination, einem treibenden Song darüber, „dass meine Partnerin und ich uns gegenseitig fertigmachen; wir sind eigentlich echt nicht gut füreinander (…)“
Das Geheimnis aber ist auch bei den düstersten Stellen – in Out Of My Head heißt es im Refrain „I try to be human, but that never works“ – Murphys Stimme und wie er intoniert: Mit seiner drückend hohen Brust- oder seiner energetischen Kopfstimme kann er so ziemlich alles singen, und zusammen mit der Musik klingt es nie besonders trübe, nie sinister, nie nach dem Ende der Welt. Es klingt immer so, als würde es weitergehen, als würde es schon irgendwie wieder werden: „Baby, we were made out of sunshine“ singt er in Dip You In Honey.
Schreiben gegen die Krankheit
Man darf das aber keinesfalls falsch verstehen: The Wombats haben auf ihren Platten nie propagiert, dass man nur eine Runde tanzen müsse, und schwupps, ist die Depression dahin. Genauso wenig darf man vergessen, dass es diese Musik trotz und nicht wegen des Zustands des Sängers gibt. Murphy schreibt gegen seine Krankheit an, sie ist kein Motor.
The Wombats aber sind wie ein Motor, und dem scheint der Sprit nicht auszugehen. Die wenigsten Indiebands der Nullerjahre haben sich halten können, und wenn sie sich nicht aufgelöst haben, machen sie generische Retromucke, für die man sich, wenn man ehrlich ist, schon damals ein bisschen geschämt hat. The Wombats hingegen sind nicht nur immer noch da, sie klingen außerdem auf jedem neuen Album beschwingter, frischer, neuer, anders. Beautiful People Will Ruin Your Life ist nur ein weiterer Beleg dafür.