CSI: Cyber – Hackers 2.0
CSI: Cyber ist das neuste Spinoff der CSI-Reihe und hibbeliger, übertriebener Cyber-Hacker-Bullshit ersten Ranges.
Vor einigen Wochen lief in den USA der neue Ableger der CSI Serien an: CSI: Cyber. CSI schuf einst eine neue Klasse von aufgekratzten Polizeiserien mit übermenschlichen Polizisten, Ermittlungsmethoden, die Polizisten eigentlich arbeitslos machen, und eine Welt ohne Persönlichkeitsrechte. CSI: Cyber ist ein weiterer Schritt in diese absurde Welt. Beim Casting der Show hat CBS versucht sich nicht Lumpen zu lassen, so engagierte man Peter Nichols (formerly known as Handlanger of Vigor der Karpathe), die frischgebackene Oscargewinnerin Patricia Arquette, den Rapper (Lil‘) Bow Wow (Ob das Zielgruppencasting war, kann ich nicht sagen. Wen will man damit kriegen? 20 jährige?) und als Kronjuwel: James van der Beek! Van der Beek spielt einen Ex-Soldaten und prototypisch-männlichen Testosteron-Bolzen. Dawson ist härter geworden: Er ist Gamer, Taktiker und unrasiert.
Star Trek: FBI
Allesamt granatenmäßige FBI-Agenten. Engagiert, so menschlich, so involviert und so wunderschön, dass man brechen möchte. Patricia Arquette mimt die Cyber-Psychologin Avery Ryan, ist aber leider bereits vor den Dreharbeiten eingeschlafen. Das Botox lässt sie aussehen, als wäre sie doch noch wach. Ein schauspielerischer Dämmerzustand. Peter Nichols hüpft zwei-drei Mal durchs Bild, ebenso wie (Lil‘) Bow Wow und sein weibliches Spiegelneuron Raven Ramirez (Was für ein Name!), abgesehen davon erfüllen sie keinen nennenswerten Zweck. Van der Beek und Arquette machen die tollen Außeneinsätze, schießen auf die Täter, analysieren die Situation und sprechen ganz einfühlsam mit Opfern. Der Rest sitzt in der FBI-Star-Trek-Brücke und wartet.
Der beste White-Hat Hacker der Welt
Eine Figur verschwieg ich bisher. Mit gutem Grund, denn sie ist der kleine Scheißeklumpen auf der ranzigen Sahnehaube von CSI: Cyber. „Der beste White-Hat Hacker der Welt“ Daniel Krumitz (gespielt von Charley Koontz). Krumitz ist das schlimme – was sage ich – das schlimmste Hacker-Klischee. Er ist Dennis Nedry. Physisch wie mental. Ein kleiner, arroganter, korpulenter Mann mit schrecklicher Kleidung, der Computer nur anzugucken braucht um zu wissen, dass „dein Sourcecode eine Lücke in der Multiview-Funktion hat“. Nur halt auf der Seite des FBI und nicht auf der Seite von… Dodgeson.
Mit dem Laptop in der Hand ist er ein dominantes Alpha-Männchen wie James van der Beek, ohne nur eine Presswurst im Karohemd. Und obwohl er „der beste White-Hat Hacker der Welt“ ist, muss er im wichtigsten Moment von Patricia Arquette gesagt bekommen wie er seinen Job zu machen hat.
Es geht um Angst
Worum es in der ersten Folge geht? Natürlich um Angst. Bei CSI geht es immer um diffuse Angst. Spezifischer geht es um Kindesentführungen, welche koordiniert und geplant werden mittels WLAN-fähiger Nannycams (Daher das „Cyber“). Der Sourcecode der Nannycams wurde gehackt (Fragt nicht.) und jetzt kontrollieren irgendwelche stereotypen Lumpen (aka tätowierte Männer, die ethnisch sowohl Südamerikaner als auch Osteuropäer sein könnten) die Kameras und lassen von ihren angeheuerten Drogenschmuggelpärchen die Kinder armer, unschuldiger amerikanischer Kernfamilien (mit kleinen schmutzigen Geheimnissen) kidnappen.
Aussen Toppits – Innen gehackt
Zur Lösung des Falls lässt unser Team erstmal sämtliche technischen Geräte der Familie des gekidnappten Kindes beschlagnahmen und in „kommunikationsdichte“ Gefrierbeutel packen. Dabei wird uns per CGI vermittelt, dass wirklich nichts mehr rein und raus geht, wenn der Laptop erst mal im Plastikbeutel steckt (Einfach nicht Hinterfragen). Im Gespräch mit der Mutter des entführten Kindes entschlüsselt Cyber-Psychologin (Ob die Smartphones gut zuredet, wenn die mal ’nen schlechten Tag haben?) Avery Ryan anhand von ein paar unauffälligen Gesten, dass Mutti Vati betrogen hat, und der kleine geklaute Satansbraten gar nicht von Papa ist. Da haben wir das dunkle Familiengeheimnis und gleich den ersten Verdächtigen: Den biologischen Vater. Der lässt sich leicht identifizieren. Mutti telefoniert jede Nacht mit ihm, und außerdem haben wir von allen Familienmitgliedern DNA-Proben genommen. Eine unausweichliche Standardprozedur. Sogar vom zu dem Zeitpunkt bereits entführten Kind will man eine DNA-Probe. Wie das geht? Man könnte einen Schnuller nehmen, oder einen vollgesabberten Lappen, oder eine vollgeschissene Windel… oder man bittet Mutter darum, dass Man eine Speichelprobe von ihrer Brustwarze(!) nimmt. Das letzte Stillen ist ja weniger als 8 Stunden her. (Ich weiß auch nicht was da los ist). Letzteres war die von CSI:Cyber präferierte Methode.
Nach ein bisschen Eiertanz mit den Drogenschmugglern, GPS-Handy-Blödsinn, dem biologischen Vater des Babys, den echten Kidnappern und Tattoos als Passwörtern ist der Fall dann auch fix gelöst.
DNA-Proben-Fetisch
Ein Glück, denn der Schwall an Pseudo-Hacker-Bullshit, blindem Überwachungswahn und DNA-Proben-Fetisch, Hollywood-OS und Technobabble ist unerträglich. Jeder technologische Aspekt der Serie ist faktisch falsch – schon im Ansatz. Computertechnik ist immer schwer visualisierbar – keine Frage – aber sich bei einer Show, die sich explizit auf Hacking bezieht, so dermaßen klischierte Visualisierungen zu verwenden, keinerlei Interesse an technischen Fakten an den Tag zu legen und mit so platten Hackerfiguren zu kommen ist mehr als erbärmlich. Ich verzeihe jedem ein bisschen aufgepimpte Hacking- und Internetvisualisierung, und auch gerne das eine oder andere Klischee, wenn zumindest der Rest nicht so ein hilfloses Häufchen Elend von Story ist.
Hoffentlich zieht bei CSI: Cyber schnell jemand den Stecker – es quält sich nur.
Bildquellen
- CSI-Cyber-Team: CBS