Europameisterschaft: Balsam für die europäische Seele
Unser Autor besitzt mindestens genauso viel fußballerisches Fachwissen wie all die Orakeltiere da draußen. Nachdem wir ihn mit ein wenig Futter ködern konnten, prognostiziert er uns den einzig wirklich wahren Turnierverlauf.
Am Eröffnungstag der Europameisterschaft schrieb Zeit Online, dass Europa diese EM braucht. In Anbetracht der Angst vor dem Terror, der politischen und wirtschaftlichen Zerrissenheit in der EU, der Flüchtlingskrise sowie nationalistischer und rassistischer Ressentiments könnte die EM mit ihren multikulturellen Mannschaften als emotionaler Kitt dienen. Der Fußball als Mittel paneuropäischer Identifikation und Integration.
Mutet man dem angeblich so unpolitischen Sport da nicht ein wenig viel zu? Mitnichten! Es braucht nur die richtigen Ergebnisse. Man stelle sich vor, Deutschland gewinnt den Titel. Der Rest Europas, der bereits der politischen Hegemonie der Bundesrepublik überdrüssig ist, würde angesichts der dazukommenden sportlichen Vorherrschaft nur noch lauter aufstöhnen.
Aber natürlich könnte die EM auch einen Verlauf annehmen, der weniger dem Optimismus des Zeit-Artikels als vielmehr den derzeitigen politischen Gegebenheiten Tribut zollt.
Vorrunde
Trotz des Auftaktsieges gegen Rumänien sind die Gräben innerhalb der französischen Nationalmannschaft ähnlich tief wie innerhalb der französischen Gesellschaft. Die Spieler tun es der arbeitenden Bevölkerung gleich und streiken in den verbleibenden beiden Gruppenspielen, was das Vorrundenaus für die Équipe Tricolore bedeutet.
Trotz einer vielversprechenden Mannschaft scheidet England ebenfalls nach der Gruppenphase aus. Das letzte Gruppenspiel am 20.6. gegen die Slowakei ist eine einzige Blamage. Die Enttäuschung und die Wut über das Aus sind der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt. Ohne diese Spielverderber vom europäischen Festland hätte man viel erfolgreicher abgeschnitten. Daher stimmen die Engländer drei Tage später für den Brexit.
Von der seltsamen Neuregelung, dass sich sogar Gruppendritte für die K.O.-Runde qualifizieren können, profitiert insbesondere Gruppe C, wo neben Deutschland auch Polen und die Ukraine weiterkommen.
Viertelfinale
Gegen Kracher wie Albanien vs. Rumänien oder Irland vs. Schweden in der Gruppenphase kann das Achtelfinale nicht ankommen. Erst mit dem Viertelfinale kommen die wirklich brisanten Partien.
So trifft Deutschland auf die Türkei. Im Vorfeld der Begegnung bittet der DFB seine Fans darum, auf Gesänge, die sich reimen, und anderweitig gedichtähnliche Darbietungen zu verzichten. In einem stimmungsarmen Spiel gewinnt die Türkei gegen devote Deutsche. Noch am selben Tag wird bekannt, dass Angela Merkel vor der Partie eindringlich auf Joachim Löw einredete, nachdem sie zuvor zu einem Gespräch mit Erdogan einberufen wurde.
Zudem spielt die Ukraine gegen Russland. Mit Beginn der zweiten Halbzeit zeichnen die Russen kackdreist die Mittellinie nach Gutdünken neu ein und annektieren damit einen Teil der ukrainischen Hälfte des Spielfeldes. Außerdem laufen russische Ersatzspieler in ukrainischen Trikots auf. Nach dem Spiel behaupten sie, das wäre halt so ihre Freizeitbeschäftigung und überhaupt wollten sie einfach nur ihre Ostukraine fußballerisch repräsentieren. Die Ukraine verliert gegen Russland und die Separatisten mit 0:2:1. Die Regelhüter von UEFA und FIFA schauen tatenlos zu.
Halbfinale
Die Begegnungen im Halbfinale heißen Polen vs. Russland und Ungarn vs. Türkei. Polen und Ungarn verlieren, weil sie lediglich hinten dicht machen, um keinen reinzulassen. Eine Taktik, die von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
Finale
In einem engen Spiel, in dem es vor allem in der Luft hart zur Sache geht, setzt sich Russland durch und wird sensationell Europameister. Nach dem Finale müssen beide Teams zum Bluttest. Es stellt sich heraus, dass mit Ausnahme des Mannschaftsarztes das komplette russische Team gedopt war. Auch die türkischen Spieler müssen sich auf Geheiß von Erdogan einen Bluttest unterziehen. Da die Finalniederlage eine nationale Schande darstellt, müssen die Spieler erst einmal beweisen, dass sie echte Türken sind und ihr Blut nicht verdorben ist.
Anstatt der Türkei den Titel zuzusprechen, soll der Turniersieger in einem Telefonvoting ermittelt werden. Island erhält aus jedem der anderen Teilnehmerländer twelve points und wird zum Europameister 2016 gekürt.
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