Generalbundesanwalt erhebt Anklage gegen Netzpolitik.org [UPDATE]
Generalbundesanwalt Harald Range hat Anklage gegen Netzpolitik.org erhoben. Wir solidarisieren uns.
[UPDATE 31.07., 15:00: BR24 meldet: „Im Verfahren wegen Landesverrats gegen die Journalisten von Netzpolitik.org lässt Generalbundesanwalt Range die Ermittlungen vorerst ruhen. Seine Behörde verzichte mit Blick auf das hohe Gut der Pressefreiheit vorerst auf Maßnahmen.“ Heise geht hier noch einmal detaillierter auf die Aussetzung des Verfahrens ein. Wie es scheint wartet der Generalbundesanwalt bisher nur auf ein Gutachten. Markus Beckedahl geht von einer „Nebelkerze“ aus.]
Seit über einem Jahrzehnt berichtet Netzpolitik.org über Themen der Digitalen Gesellschaft. Dazu gehören auch politische Themen wie die Überwachung durch die NSA oder die Arbeit des Verfassungsschutzes im Internet.
Vor ein paar Monaten veröffentlichte der Blog um Markus Beckedahl zwei Artikel mit geleakten Interna des Verfassungsschutzes. Darin ging es um den massiven Ausbau der Überwachung im Internet durch die Behörde. Dies rief das Bundesministerium für Verfassungsschutz auf den Plan, und Hans-Georg Maaßen erstattete Anzeige wegen Landesverrat. Nun hat Generalbundesanwalt Harald Range, das ist der, der den Unterschied zwischen NASA und NSA nicht kennt, das Strafverfahren gegen Netzpolitik.org, die Redakteure Markus Beckedahl, Andre Meister und gegen die unbekannte Quelle des Leaks eröffnet. Derselbe Generalbundesanwalt, der noch immer keinen Anlass sieht, ein Verfahren wegen des NASA NSA-Überwachungsskandals einzuleiten.
Wir glauben, dass diese Anklage eine Farce ist und ein Schlaglicht auf den Umgang der Bundesregierung mit der Öffentlichkeit und Journalisten wirft. Man bekommt den Eindruck, dass selten soviel hinter verschlossenen Türen gemauschelt wurde wie heute. Wenn dann doch mal etwas entfleucht, schweigt man tot, was man totschweigen kann.
Demokratie muss sich Kritik gefallen lassen
Die ganze Geschichte weckt nicht ohne Grund Erinnerungen an die SPIEGEL-Affäre, bei der Der SPIEGEL wegen missliebiger Artikel mit der Anklage des Landesverrats mundtot gemacht wurde. Zu allem Überfluss stellte sich heraus, dass der BND danach noch über Jahre die Redaktion des SPIEGEL abhorchte. Wie auch beim SPIEGEL sind die Reaktionen auf diese absurde Anzeige massiv, denn auch hier scheint es, als wolle man billig mit juristischen Mitteln Kritiker mundtot machen. Wir von Zebrabutter können der Empörung nur beipflichten. Es kann nicht sein, dass eine Bundesregierung zu solchen Mitteln greift.
Demokratie ist ein Konstrukt, dass sich Kritik gefallen lassen muss, und sie ist nur eine gute Demokratie, wenn sie gegen die Kritik bestehen kann oder durch sie zu einer noch besseren wird. Eine Demokratie, die ihre Kritiker mit billigen Mitteln mundtot machen will, ist auf dem Weg sich selbst zu verlieren.
Teilen, Sprechen, Spenden
Die schärftsten Kritiker einer Demokratie müssen ihre Bürger sein. Eine Organisation wie Netzpolitik.org dient dazu, die Arbeit der Regierung zu hinterfragen, wenn das nötig ist. Das ist kein Angriff, sondern eine Frage nach Wieso und Wohin. Politische Systeme sind komplex, und wie alle komplexen Systeme wachsen sie immer weiter. Manchmal ohne Ziel und Grenze, wenn niemand ein Auge darauf hat. Netzpolitik.org ist eines dieser Augen, und daher muss Netzpolitik.org unterstützt werden.
Wenn ihr selbst einen Blog habt berichtet darüber, twittert darüber und am wichtigsten: Sprecht darüber. Denn alles Schreiben trägt nicht, wenn niemand davon spricht.
Was ihr auch tun solltet ist Netzpolitik.org finanziell zu unterstützen. Die notwendigen Informationen findet ihr auf dieser Seite.
Bildquellen
- Reichstagsgebäude (Berlin) kurz vor herbstlichem Sonnenuntergang: Jürgen Matern / Wikimedia Commons