WhatsApp Statusmeldungen

Hey there! I have a bizarre WhatsApp status!

Wenn persönliche Freuden linguistische Weltneuheiten eröffnen… Unser Autor hat per Zufall lustige WhatsApp Statustexte in seiner Kontaktliste gelesen. Amüsiert hat er sie sich per Copy-Paste gesichert und sie streng wissenschaftlich kategorisiert.

alles nen zehner ?
Throw your hands in the aiya if youse a true playa?
Rassist_innen umboxen!
Wer loslässt, hat beide Hände frei.

Ich musste schon etwas schmunzeln, als mir diese Bemerkungen, auch noch in dieser Zusammenstellung, ins Auge fielen. Es handelt sich hierbei um unschuldige WhatsApp-Statustexte. Unvermittelt war ich in einer meiner WhatsApp-Gruppen gelandet, wo mir beim Aufrufen der Teilnehmerliste auch die jeweiligen Status der Gruppenmitglieder angezeigt wurden. Und ich musste schmunzeln.

Nach dem kurzen Amüsement überlegte ich, woher wohl diese stille Freude rührt, die in mir solche eigentlich belanglosen Textfetzen auslösen. Ein Faktor mag sicherlich der persönliche Bezug des Status‘ zu seinem User sein: die Verbindung des mir wohlbekannten Menschen und seinem Entschluss, ausgerechnet das in seine Statuszeile zu tippen. Diese lustige Vorstellung, dass ihm anscheinend nichts besseres eingefallen ist und dass der letztendliche Status das am postenswerteste in diesem Moment war… Großartig! Ohne damit irgendetwas herabwürdigen zu wollen.

Ein anderer Faktor dürfte meine Affinität zur Sprache und auch zum Internet sein. Der digitale Statustext mausert sich offenkundig zu einer autonomen Textsorte: Er erfordert keinen Kontext, ist völlig frei in seiner Realisierung und auch in seiner Funktion. Längst geht der Status über seine ursprüngliche Sinngebung, nämlich einen Zustand mitzuteilen, hinaus. Die Nutzer verstehen den Status als eine Art verbales Aushängeschild der Internetpersönlichkeit, als Signatur zur eigenen Person, vielleicht ein bisschen wie der Untertitel einer Bauchbinde beim Fernsehen.

Vermutlich habe ich nun schon alle Leser verloren, die sich über einen Artikel zu – Zitat oben – „eigentlich belanglosen Textfetzen“ wundern. Nun ja, immerhin sind es Internetphänomene wie viele andere, die mehr oder weniger Beachtung verdienen. WhatsApp-Statusposts stehen in einer Reihe mit all den Memen aus sozialen Netzwerken, in denen eine kurze, in sich geschlossene Message transportiert wird. Das Durchstöbern meiner Kontakliste nach einem bizarren Status entflammte sogar ein paar Erinnerungen an das quasi-tote Netzwerk StudiVZ, in dem es mir stets ein Genuss war, Profile nach witzigen Gruppen abzusuchen und mir diese dann zu eigen zu machen. Ich vertrete bis heute den Standpunkt, dass eine üppige aber ausgewählte Gruppenliste ein Vielfaches mehr über den Nutzer aussagte als alle anderen Profildaten zusammen. Die Gruppen waren beinah ein Selbstdefinitionsversuch.

Was man früher durch StudiVZ-Gruppen ausdrückte, sind heute Memes in Form von Sprücheseiten auf Facebook oder eben Statustexten in WhatsApp. Nur dass sie in WhatsApp durch ihre permanente Austauschbarkeit und rege Nutzung noch dynamischer geworden sind – mehr als etwa der damalige ICQ-Status, der dem WhatsApp Status fast gleichkommt.

Die Beliebtheit dieser ominösen Bewusstseinsinhalte lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, wie viele Portale schon auf den leicht abgewohnten Zug der Top-Sprüche-Listen aufgesprungen sind. Einmal „whatsapp status texte“ googeln genügt. Doch was Giga Chip, Bravo und GoFeminin können, kann Zebrabutter schon lange: Denn wir listen nicht nur auf, sondern ordnen auch noch ein. Hier sind, streng wissenschaftlich kategorisiert, die ultimativen WhatsApp-Status-Typen, zu denen garantiert auch DEINE zählen:

 

Der EmO (Emoji Overkill)

Der geneigte Emoji-Overkiller verhält sich sprachlich sparsam und drückt sich stattdessen in Ideogrammen aus. Dabei profitiert seine Gier nach Bildzeichen von einer endlosen Auswahl an mehrzählig überflüssigen Symbolen, etwa so: ?????. Ohne zwingend das Maximum von 139 Zeichen auszunutzen, würfelt der EmO die Emojis gern arbiträr und mit begeistertem Christoph-Kolumbus-Gedächtnis-Entdeckertum zusammen. Weitere Beispiele für EmOs wären ????⛪?? oder ?4⃣? oder ?????????.

Das KZ (Kluges Zitat)

Das KZ (oder eindeutiger: KluZi) entspringt oftmals Liedtexten, Büchern oder Filmzitaten. Nutzer dieses Typs bezwecken, ihre kulturellen Vorlieben anzudeuten oder eine besondere Weisheit der Geistesgeschichte mit der Öffentlichkeitswirksamkeit ihres WhatsApp-Status‘ hervorzuheben. „Doch heute ist dein Glückstag, ich hab ein Wörterbuch für dich“ reiht sich als freches, emanzipiertes Musikzitat direkt neben „Bazinga“ von Big-Bang-Theory-Sheldon, „Ergo Bibamus“ von Göhte Goethe und „Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden“ von Dürrenmatt ein. Abzugrenzen vom klugen Zitat ist der spaßige Spruch (SS oder eindeutiger: SpSp), dessen Herkunft oftmals nicht präziser als mit ‚Internet‘ zu bestimmen ist. Hierzu zählen Statustexte wie „Ich würde dich gern mal treffen…mit nem Stein“.

Der Stussie (Stoische Standard Statusse [sic!])

Anders als der Name es vermuten lässt, formuliert der Stussie keinen Stuss, sondern gar nichts. Dieser eher als unkreativ und pragmatisch geltende Nutzungstyp wählt Anstands halber einen der vorgefertigten WhatsApp-Statusse [sic!]. Da Stussies weniger um die Pflege ihrer Statuszeile bemüht sind, „Schlafe“n sie teils Jahre, haben ununterbrochen ihren „Akku fast leer“ , sind „Beschäftigt“ und wollen „Keine Anrufe, nur WhatsApp“. Als noch extremere Subform der Stussies gelten die User, denen ihr Status so egal ist, dass sie ein unbeeindrucktes „Hi Guys, WhatsApp? I’m Using it. You too?“ unter sich stehen haben.

Die BRUST (Bewusste Reflexion des Users über den STatus)

Wer sich für einen BRUST-Status entscheidet, markiert an mindestens einer Stelle die Reflexion darüber oder eine Referenz dazu. Beim BRUST-Status geht es immer auch um den Status selbst („Bla bla bla“ / „Unverfänglicher Status“) bzw. um das Bewusstsein über die Sache („Hier könnte Ihre Werbung stehen“). BRUST-Typen halten ihren Statustext vergleichsweise nah an der Ursprungssinngebung, indem sie z.B. über ihren aktuellen Zustand aufklären („Keine Zeit“), ohne dabei einen vorgefertigten Status zu wählen (-> siehe Stussies). Andere Nutzer greifen etwa mit direkter Ansprache die inhärente Funktion auf, dass Rezipienten den eigenen Statustext lesen sollen („Hallo“).

Der VWUAUÜSKTBHZSBUOTV-Typ (Von wirrer und absurder Unterhaltsamkeit, über stark kontextbasierte Texte bis hin zur Sinnlosigkeit, bewusster Unverständlichkeit oder torpedierender Verarschung)

Bei diesem letzten Typus ist die Statuszeile als rechtsfreier Raum zu verstehen. Alles ist möglich, nichts ist selbsterklärend. Es gibt keinerlei syntaktische, semantische oder lexikalische Grenzen. „Orthodoxer Ohrenauflauf“, „alles nen zehner“, „Wer hat die Pommes absorbiert?“, „Ich vertraue dem Publikum“, „Ungerecht!“, „0,9“, „Uleeeeee!!!!!! Tiriti ti ti tii“, „Rassist_innen umboxen!“, „Mit der zickzackschere durch die Seele“.

 

WhatsApp-Statustexte müssen im Übrigen keineswegs nur einem einzigen Typen entsprechen, sondern können hybride Merkmale aufweisen. „schreibt…“ referiert einerseits BRUST-typisch auf sich selbst, karikiert aber andererseits ein sehr spezielles Phänomen, nämlich die Anzeige im Chatfester, was der Gesprächspartner gerade macht. Auch „throw your hands in the aiya, if youse a true playa?“ ist ursprünglich ein Liedtext-Zitat (mitsamt Emoji-Beteiligung), jedoch ohne Kontextualisierung ein ebenso absurder VWUAUÜSKTBHZSBUOTV -Status.

Unter letztgenannte Kategorie fällt definitorisch alles, was nicht in die anderen Kategorien passt. Dadurch ist das System erfreulicherweise automatisch konsistent und den wissenschaftlichen Maßstäben Genüge getan…

Was ich aber eigentlich nur sagen wollte: Bei den WhatsApp-Statustexten, die ich da in der Gruppe gelesen hatte, musste ich echt ein wenig schmunzeln.

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