Leipziger Buchmesse: Den Rechten eine Plattform geben?

Die Leipziger Buchmesse 2018 war mit dem Problem konfrontiert, als Plattform rechter Demagogen missbraucht zu werden. Manche forderten den Ausschluss der Populisten. Doch wäre das die richtige Strategie? Gedanken zum Umgang mit den Provokateuren.

Im Fokus der diesjährigen Leipziger Buchmesse standen nicht die literarischen Neuerscheinungen oder die Herausforderungen, die das Buch als Printmedium im Zeitalter des Digitalen gegenübersteht, sondern die rechtsideologischen Verlage und Autoren, die die Messe für die Verbreitung ihrer politischen Weltanschauung missbrauchten.
Liberale Stimmen forderten den Ausschluss der Rechten. Doch wäre dies der richtige Weg? Wie soll man umgehen mit den Demagogen?

Gefahr der Zensur

Ein Ausschluss wäre eine unglückliche Entscheidung gewesen, weil er den Rechten in die Hände gespielt hätte. Sie hätten sich dadurch zum Opfer von Zensur und Meinungsdiktatur stilisieren können. So schwer es mitunter fallen mag, wer für freiheitlich-demokratische Rechte wie der Meinungsfreiheit einsteht und sie verteidigen möchte, muss leider auch den Antidemokraten gestatten, von diesen Rechten Gebrauch zu machen.
Es ist ein Drahtseilakt für die offene Gesellschaft: Wie viel Freiheit darf sie den Feinden der Freiheit einräumen und wie repressiv darf sie werden, um die Freiheit gegenüber den repressiven Kräften zu verteidigen? Im schlimmsten Fall wäre sie nicht besser als ihre Gegner. Es gäbe nichts fataleres, als im Namen der Freiheit die Freiheit abzuschaffen, um sie zu beschützen.

Dünnhäutigkeit

Die politische Linke, die als Lügenpresse verschrieenen Medien und ihre Sympathisanten lassen sich sehr oft zu schnell und zu einfach von dem Getöse aus der rechten Ecke provozieren. So sehr ihre Überzeugungen inhaltlich auf tönernen Füßen stehen, so sehr wissen diese geistigen Brandstifter mit dem Mittel der Empörung die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und für ihre Zwecke zu nutzen.
Anstatt uns reflexartig der Empörung hinzugeben, sollten wir uns in mehr Gelassenheit im Umgang mit den Populisten üben.

Neue Sachlichkeit

Den einzigen Vorteil, den man darin sehen könnte, dass das rechte Gedankengut aus den dunklen Ecken in das Licht der gesellschaftlichen Mitte getreten ist, besteht darin, dass sich das Hässliche nicht länger versteckt und unbeobachtet wuchern kann. Als Gesellschaft können wir nicht länger die Augen verschließen und müssen uns mit den Schattenseiten auseinandersetzen.
Im Idealfall sind es die demokratischen Selbstheilungskräfte, die das völkisch-nationale Geschwafel im öffentlichen Diskurs als unhaltbar entlarven und im Rahmen des demokratischen Prozesses aussieben.
Anstatt auf jede provozierende Äußerung vom rechten Rand – oder von neu ernannten Innenministern – wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen zu reagieren, könnte man versuchen, sich sachlich mit den vermeintlichen Argumenten auseinanderzusetzen.
Im Bundestag funktionierte dies zuletzt ganz gut. So wurde zum Beispiel der Antrag der AfD, Deutsch als gesetzliche Landessprache zu verankern, von den anderen Parteien aufgrund verschiedener Aspekte als lächerlich entblößt. Zuletzt war es ein Antrag der AfD zum Bunderwehr-Einsatz im Mittelmeer. Der AfD-Abgeordnete, der sich dazu im Parlament äußerte, wurde mit einer einzigen, einundzwanzigsekündigen Zwischenfrage kaltgestellt.
Gibt man den Rechten eine Plattform, auf der sie sich über den Inhalt anstatt über den Skandal profilieren müssen, geht ihnen schnell die Luft aus.

What, me worry?

Alternativ dazu, sich zu echauffieren oder sich inhaltlich mit dem Geschwätz zu beschäftigen, bliebe natürlich die Möglichkeit, die Populisten nicht länger ernst zu nehmen und dahingehend zu ignorieren, ihnen nicht mehr die gewünschte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Manchmal sollten wir das rechte Rauschen als das betrachten, was es ist: heiße Luft, von der wir uns nicht umwehen lassen brauchen.
Lassen wir sie ab und an einfach mit sich selbst beschäftigen. Die Populisten dürsten nach Aufmerksamkeit – im Zweifelsfall lassen wir sie doch einfach verdursten.

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