Lieblingsdinge: Die Zitronenpresse
Heute bei den Lieblingsdingen: Die simplen Freuden einer simplen Zitronenpresse.
Als meine Großmutter aus Oberschlesien geflohen ist, hatte sie keine Zitronenpresse. Aber irgendwann, als alles vorbei war und das Wirtschaftswunder gerade stattfand (oder ein wenig danach), muss sie sie sich gekauft haben. Heute ist die gelbe Zitronenpresse aus Hartplastik ein Erbstück, das zu meinen absoluten Lieblingsdingen zählt und nahezu täglich im Einsatz ist. Ich erinnere mich an das Frühstück morgens bei meinen Großeltern, bei dem es neben frischen Brötchen immer auch Tee mit gepresster Zitrone oder dem Emdener Wölkchen gab. Zitrone mochte ich aber damals schon viel lieber.
Ich mag die Zitronenpresse vor allem, weil sie so simpel ist und weil sich mit ihr alles mögliche auspressen lässt. Sie ist nicht irgendein High-End-Küchengerät, das nur dazu da ist, eine bestimmte Sache zu tun – am besten noch in besonders hübsch oder fancy. Solche Geräte taugen meistens sonst zu nichts es ist meistens zu umständlich, das Gerät überhaupt zu suchen und in Betrieb zu nehmen. Aus meinen alten WGs weiß ich, wie schnell es passiert, dass mit dem siebten Mitbewohner der vierte Raclette-Ofen, die zweite Nudelmaschine, der dritte Sandwichmaker oder ein Schokobrunnen auftaucht, den zufällig jemand (in diesem Falle ich, ich gebe es zu…) beim Schrottwichteln gewonnen hat.
Diese Dinge scheine geradewegs aus den 90er Jahren zu stammen. Aus der Zeit, in der wir als Kinder morgens Teleshopping geschaut haben, weil der Disney Club gerade zu Ende war. Dort sah man dann diese seltsamen Geräte, die aus rein praktischer Sicht vollkommen überflüssig sind:
Meine Zitronenpresse aus den 60ern hat das Teleshopping der 90er Jahre überlebt. Sie steht einem Classy Cutter in nichts nach, denn wer braucht schon eine bescheuerte Seerosenform in seiner Zitrone? Die Konkurrenz auf dem Mark ist groß für die Zitronenpresse, damals wie heute. Trotzdem will ich kein anderes Gerät. Weil ich so etwas nicht brauche. Ich kann ein Messer bedienen und ich will einfach Zitronen auspressen können. Das reicht mir. Und da das Plastik der 60er Jahre scheinbar ein verdammt gutes, wenn auch leicht verblichenes Plastik ist, muss sich dieses Prachtexemplar bis heute nicht mal hinter Jack Lalanne’s Power Juicer verstecken.
Bildquellen
- 20160613_211917: Marie von Borstel