Literarische Karten: Die Eroberung unerforschten Gebiets
Literarische Karten sind immer wieder faszinierend – wir haben eine kleine Liste zusammengestellt.
Judith Schalanksy schreibt in ihrem – grandiosen – „Taschenatlas der abgelegenen Inseln. 50 Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde„:
„Wahrscheinlich liebte ich Atlanten so sehr, weil mir ihre Linien, Farben und Namen wie wirklichen Orte ersetzen, die ich ohnehin nicht aufsuchen konnte.“
Karten machen abstraktes greifbarer, unauffindbares auffindbar, transportieren unvorstellbares in die Vorstellung und markieren die Erforschung unerforschten Gebiets. Kurz: Literatur und Karten haben einiges gemeinsam – in Paul Austers „Stadt aus Glas“ wird ja sogar die Stadt selbst zur Schreibfläche – und genau wie bei Büchern ist das sinnloseste, was es gibt, eine Karte im Maßstab 1:1.
„Dass der auf der Landkarte reisende Finger durchaus als erotische Geste verstanden werden kann, wurde mir vollends bewusst, als ich in der Berliner Staatsbibliothek zum ersten Mal dem pornographischen Pendant des Atlas begegnete, dem reliefierten Globus, bei dem die Vertiefungen des des Marianengrabens und die Höhenzüge des Himalaya geradezu obszön greifbar werden“,
schreibt Judith Schalansky weiter.
Wahrscheinlich passen Karten und Literatur deshalb und gut zusammen – „öbszön greifbar“ ist ja schließlich auch ein gutes Ziel für beide Genres. Und es ist ja auch so, dass das Internet voll mit literarischen Karten ist.
Lovereading.co.uk, beispielsweise, hat eine Google Maps – Karte, auf der die Schauplätze der wichtigsten englischsprachigen Bücher gezeigt werden – alles zoombar und anklickbar.
Oft überwinden die Karten dann aber auch die Grenze zur Fiktion. Wie wäres es beispielsweise mit dieser Karte von San Franciso, die aus Zitaten über die Stadt gebaut ist?
Manche Literarische Karten sind auch umfassende literaturwissenschaftliche Arbeiten. Popchartlab.com bietet das wunderbare Poster „Fiction Genres“ an.
Oder wie wär es mit der Karte einer fiktionalen Stadt, die aus Rontantiteln gebaut ist, die irgendwie nach Orten klingen? Gibt’s hier. Und was bei einem Spaziergang von Mansfield Park nach Lunar Park über einen Fluss namens Heart of Darkness passiert – naja, das kann sich dann der Besitzer der Karte vorstellen.
Und wer schon immer mal wissen wollte, wo diese ganzen Leute in Westeros eigentlich ständig hinlaufen, und wie weit das eigentlich ist, der ist mit dieser interaktiven Karte von Westeros super bedient (Wege verschiedener Hauptfiguren auswählbar, mit selbst einstellbarem Spoiler-Control-Regler).
Die bekloppteste – und natürlich beeindruckendste – aller literarischen Karten dürfte aber William Beutlers „Infinite Map“ sein.
Beutler hat sämtliche Handlungsorte aus David Foster Wallace‘ „Infinite Jest“ darauf eingetragen, die USA nach der Handlung des Romans etwas umgebaut und alles hübsch farbcodiert. Er arbeitet seit 2011 daran, hier ist ein Interview über die Entstehung der Karte.
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