Wenn es nicht mehr geht
Kurt Krömer hat ein Buch über seine Depression geschrieben. Du darfst nicht alles glauben, was du denkst heißt es. Martin Spieß hat es gelesen.
Trotz Pandemie und der offensichtlichen Schwere der Thematik war es einer der schönsten Momente, als Kurt Krömer im März 2021 seinem Gast Torsten Sträter gegenüber offenbarte, dass er an Depressionen litt. Es war eine überraschende, aber umso stärkere Folge von Chéz Krömer, weil hinter der Kunstfigur Krömer Alexander Bojcan aufschimmerte – der Mensch, der psychisch krank wurde und der nun aufmerksam machte darauf, dass das auch lustigen, erfolgreichen Menschen passieren kann.
Nun ist ein Buch erschienen, in dem er seine Geschichte erzählt: Du darfst nicht alles glauben, was du denkst.
Er erzählt davon, wie er plötzlich nicht mehr kann, wie ihm bewusstwird, dass er seit dreißig Jahren Depressionen hat, er das aber nie verstand. Er erzählt, wie er sich auf eine Odyssee begibt, Ärzt*innen aufsucht, um schließlich die Diagnose zu bekommen: Depression. Lange hat er viel Alkohol getrunken, seit über zehn Jahren ist er trocken und weiß: Der Alkohol war nur ein Mittel zum Zweck, um die Depression zu betäuben. Und er berichtet, wie er schließlich in die Klinik geht, vor der er anfangs große Angst hatte, die ihm aber dann eben doch sehr geholfen hat.
Kein Zeichen von Schwäche
Gerade, dass jemand wie Kurt Krömer, der so viele Menschen erreicht, so offen über seine Krankheit sprach und nun auch geschrieben hat, ist allein schon eine fantastische Nachricht. Denn immer noch sind psychische Erkrankungen stigmatisiert, Menschen trauen sich oft nicht, offen damit umzugehen, weil in weiten Teilen der Gesellschaft das Bild existiert, eine psychische Krankheit wäre ein Zeichen von Schwäche. Nicht ohne Grund gibt es den Begriff des Burnout – so können Managertypen, die Angst vor dem Verlust ihrer Männlichkeit haben, sagen, dass sie so hart gearbeitet haben, dass sie ausgebrannt sind. „Nee, du, ich bin einfach erschöpft, weil ich mich richtig ausgepowert habe. Ich muss nur einfach mal wieder meinen Akku aufladen.“
Krömer gibt – vielleicht auch, weil er Komiker ist – einen Scheiß auf Männlichkeitsbilder, zumindest jetzt, da er offen mit seiner Krankheit umgeht. Lange, das berichtet er in Du darfst nicht alles glauben, was du denkst eben auch, hätte er gesagt, es gehe ihm gut, wenn er gefragt wurde. Und dann war er eben der mit der schlechten Laune.
Denn neben der Niedergeschlagenheit, der Überforderung und den sich im Kreis drehenden Gedanken ist auch das ein Symptom einer Depression: Man erträgt sich selbst und all die Gedanken nicht mehr, also ätzt man Leute an, die nichts dafürkönnen, man wird gereizt oder laut, weil einem einfach alles zu viel ist.
Eine Geschichte, die gut ausgeht
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst ist ein starkes Buch nicht nur für Menschen, die selber mit Depression zu kämpfen haben: weil es Mut macht, weil es eine Geschichte erzählt, die gut ausgeht – und das ist etwas, was depressive Menschen sich nicht oder nur schwer vorstellen können: Dass es gut ausgeht. (Was es leider auch immer wieder nicht tut, weil sich viele verzweifelte Erkrankte suizidieren.)
Es ist vor allem ein starkes Buch für Angehörige, für Freund*innen und Bekannte von erkrankten Menschen, weil es die Krankheit so gut beschreibt und weil es zeigt, wie man als Nicht-Betroffene*r damit umgehen kann. Und natürlich fehlt auch hier und da der krömer’sche Witz nicht.
Das Schicksal einer Depression ist niemandem zu wünschen, diesem Buch aber viele Leser*innen.